Donnerstag, 10. Mai 2007

Alternative Lebensweise

Lieber Herr Prof. Bankhofer,

mit grossem Interesse habe ich schon viele Ihrer Auftritte gesehen und die Zahl Ihrer Anhänger scheint inzwischen recht umfangreich zu sein, was aufgrund Ihrer persönlichen Ausstrahlung kein Wunder ist. Ich bin selbst Österreicher, geborener Tiroler, lebe aber schon seit Jahrzehnten in Deutschland und habe die österreichische Aussprache längst abgelegt, was aber hauptsächlich damit zusammenhängt, dass ich freischaffender Schauspieler bin, der jedoch auf eine erfolgreiche Laufbahn freiwillig verzichtete, da mir Menschlichkeit ohne Wenn und Aber stets wichtiger war als irgendeine Karriere. Für die Ideale der Menschlichkeit, wie sie Albert Schweitzer in seinen "Gedanken zum grössten Reichtum der Jugend" so schön beschrieben hat, war ich stets bereit, auch durch die Hölle zu gehen, notfalls bis zum letzten Atemzug. Als ich es vor Jahrzehnten schaffte, ohne fremde Hilfe vom Drogen- , Alkohol- und Nikotinkonsum loszukommen, gründete ich, anfangs mit einigen wenigen Mitstreitern, eine Alternative, die Jugendlichen helfen sollte, die Gedanken Albert Schweitzers ins praktische Leben umzusetzen, weil es keine bessere Prävention gegen Gewalt und Süchte aller Art gibt. Freilich muss damit schon bei sehr jungen Menschen - je jünger, desto besser - begonnen werden , um wirklich erfolgreich sein zu können. Obwohl ich für diese Alternative - , die ein Hörfunkjournalist einmal als " Politikum ersten Ranges " bezeichnete - , schon zweimal zum Alternativen Nobelpreis nominiert wurde, bekam ich trotz intensivster Bemühungen keine Chance, meine besondere Methode in den Medien vorzustellen. Stattdessen erfuhr ich gnadenlose Ausgrenzung und Isolation. Und Verleumdung beim Versuch, via Internet evtl. Interessierte zu erreichen.

Ich schildere Ihnen dies nur in aller Kürze, da daraus ersichtlich wird, unter welch extremem psychischem Stress ich fast pausenlos stehe, ein Stress, der eigentlich schon längst zu erheblichen physischen Auswirkungen hätte führen müssen. Und es ist nicht übertrieben, wenn ich behaupte, dass ich schon vor Jahren " nach langer, schwerer Krankheit " hätte sterben müssen. Tatsächlich aber kenne ich keinerlei Krankheiten, die ich nicht selbst kurieren könnte, und mein biologisches Alter deckt sich überhaupt nicht mit dem kalendarischen Alter, das im Übrigen nicht einmal viele meiner Bekannten aus guten Gründen kennen. Wären die Menschen alle so gesund, müsste ein Krankenhaus nach dem anderen schliessen und der Beruf des Arztes wäre zum Aussterben verurteilt. Einen Hausarzt kenne ich nicht und wenn es keine Probleme mit den Zähnen gegeben hätte, dann bräuchte ich nach wie vor keine Krankenversicherung - ohne die ich übrigens jahrzehntelang auskam - , meine Beiträge übersteigen die äusserst geringen Kosten bei weitem. Mit Klienten wie mir würden die Kassen Milliarden scheffeln und deren Angestellte könnten alle Ministergehälter beziehen. Ich weiss, welche Riesensummen jährlich für Medikamente ausgegeben werden, die man gewiss nicht nur aus lauter Jux einnimmt. Für mich jedoch sind ausser hin und wieder einer Aspirintablette Medikamente ein Fremdwort.

Meine spartanische Lebensweise begründet weder meine Jugendlichkeit noch meine Gesundheit, sie ist vielmehr ein Teil meiner Einstellung zum Leben, die lautet: man kann auf fast alles verzichten, nur auf eines nicht : auf die uneingeschränkte Menschlichkeit. Vor der Frage, mein Leben oder die Ideale der Menschlichkeit aufzugeben, stand ich schon des öfteren und habe auch schon mehrfach Abschiedsbriefe geschrieben, doch es ergab sich immer wieder im letzten Moment eine Möglichkeit, weiterzumachen, ohne auch nur ein Jota von meiner Haltung abzuweichen. Die Gefahr eines Rückfalls in Drogen- oder Alkoholkonsum bestand dabei nie. Und die hohe Sensibilität, die man sonst nur bei Kindern kennt, habe ich mir durch alle Wirren und Tiefen mein Leben lang bewahrt und dadurch Erfahrungen und Erkenntnisse gewonnen, die für die meisten Menschen eigentlich interessanter und wichtiger sein müssten als die gesamte Politik.

Zu meiner Lebensweise möchte ich noch erwähnen, dass ich zum Frühstück nur etwas Obst und Joghurt sowie Zitronensaft zu mir nehme, keinen Kaffee trinke, lieber Tee, aber zumeist erst gegen 5 Uhr früh. Mittagessen kenne ich nicht, dafür im Allgemeinen ausgiebig Abendessen - Hausmannskost mit frischem oder auch Dosengemüse und wenig Fleisch - und meistens erst zwischen 11 und 12 uhr abends, da ich mit leerem Magen schlecht schlafe. Meistens schlafe ich nicht mehr als 5 Stunden, aber nicht in einem Stück, sondern in Etappen, im Allgemeinen zwischen 0,30 und 4,30 Uhr und von 6 bis 7,30 Uhr. Bei einer Grösse von ca. 1,70 m wiege ich zwischen 55 und 57 kg , ein Gewicht, das ich auch als Jugendlicher hatte. Frühsport betreibe ich seit der Schauspielschule, die ich in Zürich besuchte, bin häufig an frischer Luft und setze mich auch bei grösster Hitze gerne stundenlang der prallen Sonne aus. Dabei trinke ich etwa die Hälfte der Menge, die allgemein empfohlen wird, mein Hauptgetränk ist Milch.

Mehr über mich und meine Alternative zu berichten, würde an dieser Stelle viel zu weit führen und Ihre Aufmerksamkeit bestimmt überfordern. Erwähnen möchte ich nur noch, dass ich als Jugendlicher in Graz für eine kurze Zeit einen Club gegründet hatte, der sich a.a.a.a. - anders als alle anderen - nannte, der schon damals das Ziel verfolgte, eine andere Orientierung zu finden. Kurz vorher war ich zweimal in der Gedenkstätte Mauthausen gewesen und hatte angesichts dessen, was ich dort sah, mir geschworen, mich niemals der Unmenschlichkeit - in welcher Form auch immer - zu beugen und diesem Vorsatz bin ich bis heute konsequent treu geblieben, auch wenn ich dadurch schon lange nur mehr am Rand des Abgrunds lebe. Der beste Lohn für meine grundlegend andere Einstellung zum Leben sind trotz widrigster Umstände meine beispiellose Gesundheit und physische Geschmeidigkeit, für die man sich allerdings keine Brötchen kaufen kann. Wenn es freilich im Leben des Menschen ausschliesslich um wirtschaftliche Erfolge und Vorteile gehen und die menschlichen Werte keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen sollten - als eine Art schmückendes Beiwerk - , ist das Totschweigen meiner Alternative absolut gerechtfertigt. Dann können die Menschen gleich alle übrigen Erkenntnisse, die zu einer zivilisierten Menschheit gehören und die teilweise bereits in der Antike gewonnen wurden, auf den Müll werfen, wie dies in letzter Zeit immer häufiger mit lästigen Neugeborenen geschieht.
Zum Schluss nur noch soviel: meine Alternative kann unter keinen Umständen als Patentlösung für menschliche Probleme dienen, doch hätte sie zahlreichen Jugendlichen, die eine andere Orientierung suchen und am Leben verzweifeln, einen Ausweg bieten können. Dass niemand ein derart heisses Eisen anfassen will, ist zwar verständlich, aber doch auch bedauerlich.
Mit freundlichen Grüssen Ihr Robby W.